Wer heute den selbst produzierten Strom ins Netz zurückspeisen muss, macht oftmals ein Verlustgeschäft. Selbst mit einer entrichteten Einmalvergütung bei der Erstellung der Anlage, reichen drei bis acht Rappen nicht aus, eine Photovoltaikanlage rentabel betreiben zu können. Das Ziel ist es, einen möglichst grossen Teil des selbst produzierten Stroms auch gleich selber zu nutzen.
Der Eigenverbrauch ermöglicht wurde mit der Änderung des Energiegesetzes per 1. Januar 2014. Seither kann der gleichzeitig erzeugte Strom direkt im Gebäude genutzt werden. Vereinzelte Verteilnetzbetreiber (VNB), in den meisten Fällen sind dies die lokalen Elektrizitätswerke, haben zudem Hand geboten, dass auch innerhalb einer Mietliegenschaft die einzelnen Mieter den eigenen Strom beziehen konnten. Die Abrechnung der einzelnen Wohnungszähler läuft weiterhin über den VNB, welcher den gesamten genutzten Strom den Mietern in Rechnung stellt. Anschliessend vergütet der VNB dem Anlageneigentümer den Preis für den selbst produzierten Solarstrom, allenfalls abzüglich einer Dienstleistungspauschale. In neueren Gebäuden mit intelligenter Messeinrichtung können auch über dieses System unterschiedliche Tarife für den Solarstrom und den vom Netz bezogenen Strom abgerechnet werden. Dadurch ergibt sich auch für die Mieter ein Anreiz, den selbst produzierten Strom zu nutzen.
Gemäss Eidgenössischer Elektrizitätskommission (ElCom) ist dieses Modell nur unter den folgenden Bedingungen zulässig:
Dieses einfache Vorgehen hat sich unter dem Begriff Praxismodell VNB verbreitet. Da die Mieter gemäss ElCom dem Praxismodell VNB zustimmen müssen, hat der HEV Schweiz ein Musterinformationsschreiben und eine Einverständniserklärung für bestehende Mietverhältnisse und einen Muster Vertragszusatz bei Neu- und Wiedervermietungen erarbeitet. Diese können als Word-Dokumente kostenlos heruntergeladen werden.
Musterinformationsschreiben und Talon Praxismodell VNB (bestehende Mietverhältnisse)
Muster Zusatz zum Mietvertrag (Neu- und Wiedervermietungen)
Nicht alle VNBs haben sich diesen neuen Möglichkeiten geöffnet und kooperative Lösungen angeboten. Aus diesem Grund hat der Bund mit der Revision des Energiegesetzes per anfangs 2018 noch einen drauf gesetzt und in Art. 17 den Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV) eingeführt. Mittels des Zusammenschlusses können sich mehrere Grundeigentümer oder Mieter und Vermieter in einem Mehrfamilienhaus zum Eigenverbrauch zusammenschliessen und bilden neu einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch. Gegenüber dem VNB treten sie als Einheit auf und verfügen somit nur noch über einen einzigen Anschlusspunkt ans Stromnetz und einen Stromzähler gegenüber dem VNB. Die Abrechnung der individuellen Strombezüge innerhalb des Zusammenschlusses ist Sache desselben.
Durch den ZEV können die Mitglieder bei einem gemeinsamen Stromverbrauch von mehr als 100‘000 kWh pro Jahr sogar von den Vorteilen des freien Strommarktes profitieren.
Zusammenschliessen können sich innerhalb einer Mietliegenschaft der Vermieter als Grundeigentümer mit seinen Mietern, mehrere Grundeigentümer von aneinandergrenzenden Grundstücken oder eine Stockwerkeigentümergemeinschaft. Wie diese Zusammenschlüsse die internen Abrechnungen und Beschlussfassungen lösen, lassen Energiegesetz und Verordnung weitgehend offen. Einzig im Bereich der Miete und Pacht wurden weitere Klauseln zum Schutz von Mietern und Pächtern eingeführt.
Damit aus Miete und Stromverkauf kein unzulässiges Koppelungsgeschäft entsteht, hat der Bundesrat im neuen Artikel 6b der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) vorgesehen, dass die Haushaltsstromkosten im ZEV als Nebenkosten abgerechnet werden dürfen. Mit diesem Schritt wird die gesamte Verrechnung der Solarstromkosten jedoch dem Mietrecht unterstellt. Dies wiederum bringt bei der Tarifberechnung eine Begrenzung der möglichen Rendite für die Anlage von einem halben Prozent über dem aktuellen Referenzzinssatz mit sich. Etwas anders sieht es aus, wenn ein Drittanbieter wie ein Contractor die Anlage erstellt und den Strom weiter verkauft.
Gemäss Energieverordnung darf der für den Solarstrom verrechnete Preis pro kWh jedoch nicht höher ausfallen als er für das extern bezogene Stromprodukt bezahlt wird. Seit dem 1. Januar 2023 darf für die intern produzierte Elektrizität und die Kosten der internen Messung, der Datenbereitstellung, der Verwaltung und der Abrechnung des Zusammenschlusses (interne Kosten) pauschal maximal 80 Prozent des Betrags in Rechnung gestellt werden, der im Falle einer Nichtteilnahme am Zusammenschluss beim Bezug des externen Standardstromprodukts für die entsprechende Strommenge zu entrichten wäre. Das heisst, werden für den Solarstrom maximal 80 Prozent des extern bezogenen Stromtarifes den Mietern in Rechnung gestellt, entfällt die Berechnung der Gestehungskosten, um den Solarstromtarif festzulegen.
Bei einem Preis von 20 Rp./kWh dürften sich demnach grundsätzlich Anlagen ab einem Eigenverbrauchsanteil von ca. 40 Prozent rechnen. Kann der Strom vom freien Markt bezogen werden, muss nochmals genauer kalkuliert werden, um die Anlage rentabel betreiben zu können. Nebst dem zusätzlichen Aufwand der Verrechnung des Haushaltstromes und der Haftung für sämtliche Stromkosten gegenüber dem VNB, trägt der Grundeigentümer auch das finanzielle Risiko der Investition in die Photovoltaikanlage. Dies insbesondere dann, wenn bei bestehenden Mietverhältnissen nicht alle Mieter den selbsterzeugten Strom abnehmen wollen. In diesem Fall – im Gegensatz zur Neuvermietung - steht es den Mietern frei, ob sie die Solarenergie nutzen möchten oder nicht. Eine offene Kommunikation im Vorfeld ist entsprechend wichtig, um alle Mieter von den Vorteilen zu überzeugen.
Für die Regelung der vom Gesetz und Verordnung offen gelassenen Punkte und zwecks praktikabler Umsetzung des ZEVs wurde der Leitfaden zum Eigenverbrauch erstellt (siehe Kasten). Der HEV Schweiz und der Schweizerische Mieterverband haben darin einen Vorschlag für die Umsetzung des ZEVs bei einer vermieteten Liegenschaft erarbeitet. Es wird empfohlen, den gesamten Stromverbrauch der am ZEV teilnehmenden Mieter als neue Nebenkosten abzurechen. Die Einführung der neuen Nebenkosten bei einem bestehenden Mietverhältnis muss dabei mittels Formular zur Mietzinsänderung bekannt gegeben und begründet werden, ansonsten ist die Änderung nichtig. Für den extern bezogenen Strom muss sich der ZEV auf ein Stromprodukt einigen. Der HEV Schweiz und der Schweizerische Mieterverband haben sich darauf geeinigt, dass der Vermieter ein Stromprodukt der mittleren Preisklasse vorgeben soll. Die Mieter können dieses zu einem späteren Zeitpunkt nur noch durch ein teureres Produkt ersetzen. Dadurch wird erreicht, dass die minimale Rendite für den Vermieter sichergestellt werden kann.