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Verkaufsverbot für Sommerflieder und Kirschlorbeer

01.06.2024 Annekäthi Krebs MLaw, Juristin beim HEV Schweiz

Der Bundesrat verbietet per 1. September 2024 den Verkauf von Sommerflieder, Kirschlorbeer und weiteren invasiven Pflanzen und erweitert das sogenannte Umgangsverbot.

Invasive gebietsfremde Pflanzen (sogenannte invasive Neophyten) werden von InfoFlora – einer gemeinnützigen, privatrechtlichen Stiftung zur Dokumentation und Förderung der Wildpflanzen in der Schweiz – wie folgt definiert: Sie sind nicht-einheimische Pflanzen, die aus fremden Gebieten (meist aus anderen Kontinenten), absichtlich oder unabsichtlich, eingeführt wurden, die sich bei uns in der Natur etabliert haben (Vermehrung in freier Natur) und sich auf Kosten einheimischer Arten effizient ausbreiten. In der Schweiz gibt es derzeit knapp 90 invasive Neophyten – Tendenz steigend. Sie schaden der Biodiversität und können gesundheitsgefährdend sein.

Verbot der Inverkehrbringung

Der Bundesrat plante eine Umweltschutzgesetzesrevision, die sämtliche Inhaber von Grundstücken zur rigorosen Bekämpfung von invasiven Neophyten verpflichten wollte – notfalls per Verfügung der Kantone, durch staatliche Kontrollen auf den Grundstücken und mit Bussen. Gegen dieses Vorhaben hat sich der HEV Schweiz erfolgreich zur Wehr gesetzt. Aufgrund der erheblichen Gegenwehr auch vonseiten der Kantone hat sich der Bundesrat nun vorerst für eine weniger drastische Umsetzung entschieden.

Mit der Revision der Freisetzungsverordnung, die per 1. September 2024 vom Bundesrat in Kraft gesetzt wird, soll es den invasiven Neophyten trotzdem an den Kragen gehen. Die Revision geht auf die Motion «Den Verkauf invasiver Neophyten verbieten» von Nationalrätin Claudia Friedl zurück. Der HEV Schweiz hat den Vorstoss grundsätzlich unterstützt, da beim Handel anzusetzen ist. Mit dem Verbot der Inverkehrbringung lässt sich die Bekämpfung von invasiven Neophyten am einfachsten umsetzen. Vielfach sind sich Grundeigentümer nicht bewusst, dass sie einen invasiven Neophyten nach Hause geholt haben – obwohl im geltenden Recht bereits eine Informationspflicht seitens der Händler bestünde. Wird eine Pflanze legal zum Verkauf angeboten und verkauft, muss man sich darauf verlassen können, diese legal pflanzen zu können, ohne der Umwelt damit einen Schaden zuzufügen. Nun greift der Bundesrat durch und verbietet per 1. September 2024 das Inverkehrbringen von Kirschlorbeer, falscher Mimose, Sommerflieder (Schmetterlingsstrauch), Tessiner Palme (Chinesische Hanfpalme) etc. (siehe Inverkehrbringungsverbot). Mit Inverkehrbringen sind beispielsweise die Einfuhr, der Verkauf, das Verschenken, die Vermietung oder das Versenden gemeint. Alles, woraus sich Pflanzen vermehren lassen, ist verboten – vom Steckling bis zur Topfpflanze.

Nicht vom Verbot betroffen sind hingegen invasive Neophyten, die sich bereits in Gärten und auf Balkonen oder Terrassen befinden. Der Kirschlorbeer muss somit beispielsweise nicht ausgerissen werden. Derzeit noch unklar ist, ob das Angebot als Schnittblume, wie etwa der als «Fasnachtsblume» bekannten Falschen Mimose, oder das professionelle Überwintern der Tessinerpalme in Töpfen bei einem Gärtner ebenfalls unter das Verbot fallen. Bis September 2024 will der Bundesrat hier für Klarheit sorgen. Nicht verständlich ist, weshalb der Bundesrat derart lange mit diesem Verbot zugewartet hat, ist doch die Schädlichkeit von beispielsweise Kirschlorbeer seit Jahren bekannt. 

Erweiterung des Umgangsverbots

Mit der Revision hat der Bundesrat nicht nur neu das Inverkehrbringen bestimmter invasiver Neophyten verboten, sondern auch das sogenannte Umgangsverbot erweitert. Dieses ist sehr streng. In der Umwelt dürfen gewisse invasive Neophyten nicht mehr verwendet werden – das Auf-den-Markt-Bringen, Anpflanzen und Vermehren ist beispielsweise verboten. Neu finden sich zusätzlich elf weitere Pflanzenarten auf der Umgangsverbotsliste, unter anderem der Götterbaum (siehe Umgangsverbot). Der HEV Schweiz hat im Rahmen der Vernehmlassung zur Revision bereits auf folgende Problematik hingewiesen: Inwieweit die Erweiterung aus wissenschaftlicher Sicht gerechtfertigt ist, kann der HEV Schweiz nicht abschliessend beurteilen. Allerdings sieht er in der Umsetzung erhebliche Schwierigkeiten. Die in der Umgangsverbotsliste geführte Anzahl der Pflanzen wird praktisch verdoppelt. Grundeigentümer sind grundsätzlich keine Botaniker. Bereits bei den Pflanzen, die sich auf der derzeitigen Umgangsverbotsliste befinden, haben Grundeigentümer Schwierigkeiten, diese umfassend und fehlerfrei zu eruieren. Wird die Liste quasi verdoppelt, erweist es sich für den Laien als noch schwieriger, alle diese Pflanzen zu bestimmen. Von den 1,8 Millionen Bauten mit Wohnnutzung in der Schweiz, die überwiegend mit einem Umschwung ausgestattet sind, wird der Grossteil der Grundeigentümer nicht in der Lage sein, die invasiven Neophyten zu erkennen und fachgerecht zu entsorgen. Zudem ist die Änderung mit erheblichen Kosten für Grundeigentümer verbunden, da abgetragener belasteter Boden sach- und fachgerecht verwertet oder entsorgt werden muss. Die Kritik fand beim Bundesrat leider keinen Anklang. Es wird sich in der Praxis zeigen, inwiefern sich das Umgangsverbot verwirklichen lässt.

Inverkehrbringungsverbot:

Ab 1. September 2024 für das Inverkehrbringen für den direkten Umgang in der Umwelt verbotene invasive gebietsfremde Organismen (Teil Pflanzen):
Falsche Mimose, Bastardindigo, Verlotscher Beifuss, Neubelgische Aster (Weiden- Aster, Gescheckte Aster, Lanzettblättrige Aster, Neubelgische Aster, Tradescants Aster), Grosser Algenfarn, Papiermaulbeerbaum, Schmetterlingsstrauch, Glattes Zackenschötchen, Korallenstrauch, Stachelgurke, Igelgurke, Einjähriges Berufkraut, Geissraute, Gestreiftes Süssgras, Henrys, Japanisches Geissblatt, Vielblättrige Lupine, Japanische Petersilie, Fünffingerige - / Gewöhnliche Jungfernrebe, Blauglockenbaum, Gold-Bambus, Kirschlorbeer, Herbst-Traubenkirsche, Japanischer Bambus, Armenische Brombeere, Rotborstige Himbeere, Breitblättriges Pfeilkraut, Kaukasus-Fettkraut, Ausläuferbildendes Fettkraut, Chinesische Hanfpalme, Fortunes Hanfpalme

Umgangsverbot:

Ab 1. September 2024 für den direkten Umgang in der Umwelt verbotene invasive gebietsfremde Organismen (Teil Pflanzen, neu hinzugefügte Pflanzen fett markiert):
Götterbaum, Ambrosien, Traubenkräuter, Syrische Seidenpflanze, Karolina-Haarnixe, Rundblättriger Baumwürger, Nadelkraut, Wasserpest, Riesenbärenklau, Japanischer Hopfen, Grosser Wassernabel, Drüsiges Springkraut, Schmalrohr, Südamerikanische Heusenkräuter inkl. Hybride, Tausendblätter, Kopoubohne, Asiatische Knöteriche inkl. Hybride, Essigbaum Sumac, Lästiger Schwimmfarn, Schmalblättriges Greiskraut, Haargurke, Amerikanische Goldruten inkl. Hybride, Kletternder Giftsumach