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Grundzüge des bäuerlichen Bodenrechts

26.08.2021

Seit dem 1. Januar 1994 sind die Bestimmungen über das bäuerliche Bodenrecht in einem Bundesgesetz zusammengefasst. Das BGBB – so die Abkürzung – gehört in der Rechtsanwendung zu den eher anspruchsvollen Gesetzen. Es regelt die zahlreichen Beschränkungen im Rechtsverkehr mit landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken.

Das Hauptziel des Bundesgesetzes über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) besteht darin, dem Selbstbewirtschafter den Erwerb landwirtschaftlicher Gewerbe und Grundstücke zu tragbaren Preisen zu erleichtern. Das bäuerliche Grundeigentum soll auf der Basis von Familienbetrieben gestärkt und gefördert werden. Zudem will man durch die Bekämpfung übersetzter Bodenpreise die Spekulation mit Bauernland einschränken. Damit diese Ziele in der Praxis erreicht werden, unterliegen die landwirtschaftlichen Gewerbe und Grundstücke verschiedensten Beschränkungen. 

Geltungsbereich und Zuständigkeit

Seit längerer Zeit ist jedoch ein Strukturwandel zu beobachten. Die Anzahl Landwirtschaftsbetriebe nimmt weiter ab. So wurden im Jahr 1990 in der Schweiz 92 800 Landwirtschaftsbetriebe registriert. Im Jahr 1996 waren es noch 79 500. Aktuell sind noch rund 50 000 Betriebe zu verzeichnen. 

Grundsätzlich gelten die Bestimmungen des BGBB für einzelne landwirtschaftliche Grundstücke oder für mehrere, sofern diese zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe als Ganzes gehören. Es handelt sich dabei immer um Grundstücke ausserhalb der Bauzone, für welche die landwirtschaftliche Nutzung zulässig ist.

Die Kantone bezeichnen die zuständigen Behörden für die Rechtsanwendung. Im Übrigen bestehen im Gesetz gewisse Vorbehalte zugunsten der Kantone. Diese können eine vom Bundesrecht abweichende, zum Teil strengere Regelung anordnen.

Erwerb nur mit Bewilligung

Wer ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück erwerben will, braucht in der Regel eine Bewilligung der kantonalen Bewilligungsbehörde. Der Erwerb wird bewilligt, wenn der Preis nicht übersetzt ist. Ein übersetzter Preis liegt vor, wenn er die Preise für vergleichbare landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstücke in der betreffenden Gegend im Mittel der letzten fünf Jahre um mehr als fünf Prozent übersteigt. Die Kantone können diesen Satz auf maximal 15 Prozent erhöhen.

Selbstbewirtschafter

Der Erwerb wird grundsätzlich nur bewilligt, wenn der Erwerber Selbstbewirtschafter und geeignet ist. Selbstbewirtschafter ist, wer den landwirtschaftlichen Boden selbst bearbeitet und, wenn es sich um ein landwirtschaftliches Gewerbe handelt, dieses zudem persönlich leitet. Die Selbstbewirtschaftung muss zudem «ernstlich gewollt und praktisch möglich sein», wie es in einem führenden BGBB-Kommentar heisst. In Ausnahmefällen darf dieser Grundsatz durchbrochen werden, etwa wenn trotz öffentlicher Ausschreibung zu einem nicht übersetzten Preis kein Angebot eines Selbstbewirtschafters vorliegt.

Ausnahmen von der Bewilligungspflicht

Für kleine landwirtschaftliche Grundstücke mit einer Fläche von weniger als 2500 m2 – respektive bei Rebland von weniger als 1500 m2 –, die nicht zu einem landwirtschaftlichen Gewerbe gehören, ist keine Bewilligung für den Erwerb notwendig. Dasselbe gilt für Waldgrundstücke, die nicht Teil eines landwirtschaftlichen Gewerbes sind. Auch der Erwerb durch Erbgang, durch erbrechtliche Zuweisung (Erbteilung) oder durch einen bestehenden Mit- oder Gesamteigentümer benötigt keine Bewilligung.

Zerstückelungsverbot

Landwirtschaftliche Grundstücke dürfen nicht in Teilstücke unter 2500m2 aufgeteilt werden. Bei Rebgrundstücken beträgt diese Mindestfläche 1500m2. Die Kantone können allerdings grössere Mindestflächen für das Zerstückelungsverbot festlegen. Ferner dürfen einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile nicht von landwirtschaftlichen Gewerben abgetrennt und veräussert werden (Realteilungsverbot).

Gewinnanteilsrecht

Wenn landwirtschaftliche Gewerbe oder Grundstücke veräussert werden, die einst zur landwirtschaftlichen Nutzung erworben wurden, verfügen Drittpersonen in gewissen Fällen über ein Gewinnanspruchsrecht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Erbe, der in der Erbteilung ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück zu einem Anrechnungspreis unter dem Verkehrswert übernommen hat, dieses später mit Gewinn veräussert. Hier haben die Miterben entsprechend ihrer Erbquote einen Anspruch auf einen Anteil am Gewinn.

Belastungsgrenze

Landwirtschaftliche Grundstücke dürfen nur bis zu einer bestimmten Grenze mit Grundpfandrechten belastet werden. Die Belastungsgrenze entspricht 135 Prozent des Ertragswerts. Der Ertragswert entspricht dem Kapital, das mit dem Ertrag eines landwirtschaftlichen Gewerbes oder Grundstücks bei landesüblicher Bewirtschaftung zum durchschnittlichen Zinssatz für erste Hypotheken verzinst werden kann. Dieser festgesetzte Wert ist vielerorts identisch mit dem amtlichen Wert (Steuerwert) des Grundstücks.

In bestimmten Fällen kommt die Belastungsgrenze nicht zur Anwendung, etwa bei gesetzlichen Pfandrechten. Andererseits ist es möglich, die Belastungsgrenze zu überschreiten, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind und die kantonale Behörde dies bewilligt hat.

Komplexes Rechtsgebiet

Das bäuerliche Bodenrecht ist komplex in der Anwendung, da viele Ausnahmen zu berücksichtigen sind. So bestehen als Ergänzung zu den obenstehenden Ausführungen auch noch gesetzliche Zuweisungsansprüche: Jeder selbstbewirtschaftende Erbe kann in der Erbteilung verlangen, dass ihm ein landwirtschaftliches Gewerbe zum Ertragswert zugewiesen wird. Zudem gibt es je nach Konstellation Veräusserungsverbote, gesetzliche Rückkaufsrechte, Kaufsrechte und Vorkaufsrechte (siehe Kasten). Eine Beratung durch Fachleute wird deshalb empfohlen.

ROLAND PFÄFFLI Prof. Dr. iur., Notar, Thun Konsulent bei Von Graffenried Recht, Bern

MASCHA SANTSCHI KALLAY Dr. iur., Rechtsanwältin, Meggen Konsulentin bei epartners Rechtsanwälte AG, Zürich

Vorkaufsrechte im BGBB

Wird ein landwirtschaftliches Gewerbe veräussert, haben daran in erster Priorität die Nachkommen des Veräusserers und in zweiter Priorität grundsätzlich die Geschwister oder deren Kinder ein gesetzliches Vorkaufsrecht, sofern sie das Gewerbe selbst bewirtschaften wollen und dafür als geeignet erscheinen. Auch der Pächter hat unter gewissen Voraussetzungen ein gesetzliches Vorkaufsrecht.

Wird ein landwirtschaftliches Grundstück veräussert, hat jeder Nachkomme des Veräusserers ein Vorkaufsrecht daran, wenn er bereits Eigentümer eines landwirtschaftlichen Gewerbes ist oder wirtschaftlich über ein solches verfügt und das Grundstück im ortsüblichen Bewirtschaftungsbereich seines Gewerbes liegt. Auch hier steht dem Pächter unter gewissen Voraussetzungen ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu.

Neben diesen gesetzlichen Vorkaufsrechten können ohne Weiteres auch vertragliche Vorkaufsrechte begründet werden. Diese stehen rangmässig jedoch stets hinter den gesetzlichen Vorkaufsrechten.

Bauten in der Landwirtschaftszone

Das Raumplanungsrecht schreibt vor, dass in der Landwirtschaftszone grundsätzlich nur Bauten und Anlagen erstellt werden dürfen, die zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung nötig sind. Zonenkonform sind zudem Bauten und Anlagen, die der Aufbereitung, der Lagerung oder dem Verkauf landwirtschaftlicher oder gartenbaulicher Produkte dienen (z.B. Hofladen). Überdies sind verschiedene Ausnahmen vorgesehen, beispielsweise für nichtlandwirtschaftliche Nebenbetriebe (z.B. Schlafen im Stroh).

Unzulässig ist hingegen die Umnutzung einer Alphütte zur Vermietung als Ferienwohnung. Wer dies ohne Bewilligung vornimmt, muss mit einem behördlichen Baustopp, einer Verpflichtung zum Rückbau und einer Strafe (Busse) rechnen.