Liegenschaften im Stockwerkeigentum oder grössere Überbauungen verfügen häufig über eine gemeinsame Einstellhalle für Fahrzeuge. An dieser besteht meist Miteigentum. Die Nutzungs- und Verwaltungsordnung einer solchen Miteigentümergemeinschaft (MEG) verknüpft jeden Miteigentumsanteil mit einem ausschliesslichen Nutzungsrecht an einem Parkfeld. Jeder Eigentümer eines Miteigentumsanteils kann somit das damit verbundene Parkfeld zum Abstellen von Fahrzeugen benutzen. Sowohl die Einstellhalle als auch alle Leitungen, Einrichtungen und Anschlüsse gehören der MEG. Der einzelne Eigentümer darf daher keine baulichen Massnahmen ohne vorgängige Zustimmung der Versammlung der Miteigentümer vornehmen. Dies gilt auch für das Einrichten einer Ladestation für Elektrofahrzeuge. Will ein Miteigentümer eine Ladestation für ein Elektrofahrzeug auf seinem Parkfeld einrichten, muss er einen Antrag an die MEG-Versammlung formulieren und diesen zur Traktandierung an die Verwaltung der MEG richten.
Nimmt ein Miteigentümer bauliche Massnahmen respektive Eingriffe am Miteigentum eigenmächtig vor, kann die MEG jederzeit deren Beseitigung und die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands auf Kosten des Miteigentümers verlangen.
Vorbereitung und Aufteilung der Beschlussfassung
Um einen späteren Systemkollaps, eine Ungleichbehandlung oder Streitigkeiten bei Anträgen weiterer Miteigentümer für zusätzliche Ladestationen zu vermeiden, sollte die Gemeinschaft vorab einen Elektrofachmann beiziehen (Gebäudeelektriker/Installateur von E-Ladestationen). Dieser kann mit der Erstellung einer Offerte und eines technischen Berichts zu den vorhandenen Elektroinstallationen des Gebäudes – Hauptverteilanlage, Anschlussleistung und Kapazitätsgrenze der Leistung – beauftragt werden.
Künftig dürfte der Bedarf an Ladestationen steigen. In den meisten Fällen empfiehlt es sich daher für Gemeinschaftsgaragen im Miteigentum, die Grundinfrastruktur für ein «smartes Ladesystem» und Lastmanagement durch die MEG zu erstellen und zu finanzieren – dies mit Blick auf zukünftige weitere Ladestationen. Zur Grundinstallation gehören insbesondere Flachbandkabel zu allen Parkfeldern sowie weitere elementare Komponenten. Damit können zu einem späteren Zeitpunkt weitere Ladestationen auf anderen Parkfeldern eingerichtet werden, ohne dass das System überlastet wird. Die Miteigentümer können somit auch alle gleich behandelt werden. Für dieses Vorgehen sind den Miteigentümern von der Verwaltung die erforderlichen Unterlagen zuzustellen. Dazu gehören der Bericht des Fachmanns über die vorhandene elektrische Gebäudeinfrastruktur und Auslastung der Kapazität. Weiter umfasst dies die Offerten mit den Kosten für das Aufrüsten der Grundinfrastruktur mit smartem System für ein Lastenmanagement und die Stromkostenabrechnung.
Verantwortung und Kostentragung für Erstellung, Unterhalt und Betrieb
Gleichzeitig mit dem Beschluss zum Ausbau der Grundinfrastruktur zu einem «smarten Ladesystem» durch die Gemeinschaft sollte die MEG auch beschliessen, dass danach jedem Miteigentümer auf Antrag an die Verwaltung die Kompetenz zum Endausbau der Ladestation auf seinem Parkplatz – auf eigene Kosten – erteilt wird. Wichtig ist, dass im Beschluss die Bedingungen für Miteigentümer mit Ladestation auf ihrem Parkfeld klar geregelt sind: Dazu gehören die Pflichten zur Kostentragung für die Erstellung der Ladestation durch einen Fachmann, der Unterhalt und die Erneuerung der Infrastruktur und der Ladestation, deren Betriebskosten für Wartung, Strombezug etc. sowie auch die Haftung im Schadensfall.
Der Ausbau der Hausverteilanlage zu einem «smarten System» sowie die damit verbundene Kompetenzerteilung an die Miteigentümer zur Errichtung einer Ladestation auf ihrem Parkfeld stellen nach Ansicht des HEV Schweiz nützliche bauliche Massnahmen dar. Sie erfordern somit die Zustimmung der Mehrheit der Miteigentümer, die zugleich den grösseren Teil der Sache vertritt (Art. 647d ZGB).