Baurecht – Wenn ein Grundeigentümer einer Person ein zeitlich befristetes Recht einräumt, auf oder unter seinem Boden zu bauen, liegt ein Baurecht vor. Der Bodeneigentümer verzichtet während dieser Zeit auf eine eigene Nutzung und bezieht dafür in der Regel einen Baurechtszins.
Im Schweizerischen Sachenrecht gilt der Grundsatz, wonach Bestandteile einer Sache oder eines Grundstückes deren rechtliches Schicksal teilen (Akzessionsprinzip). Das Baurecht durchbricht das Akzessionsprinzip, wonach Bauten immer Bestandteil des Grundstücks bilden. Jeder Grundeigentümer kann aber sein Grundstück mit einem Baurecht zu belasten. In diesem Fall kann der Baurechtsberechtigte (Baurechtsnehmer) sein eigenes Bauwerk auf einem fremden Grundstück erstellen.
Ein Baurecht muss im Grundbuch als dauernde und selbständige Dienstbarkeit (Art. 779 ZGB) eingetragen werden, damit das fremde Eigentumsrecht an der Baute rechtswirksam wird.
Ein Baurecht ist selbstständig, wenn es zugunsten einer bestimmten Person eingeräumt wird, die das Baurecht wiederum selber veräussern, verschenken und vererben kann. Das Baurecht kann durch den Grundbucheintrag auch mit einer Hypothek belastet werden. Ein Baurecht ist dauernd, wenn es für mindestens 30 Jahre begründet wird. Die Maximaldauer eines Baurechts beträgt hingegen von Gesetzes wegen 100 Jahre.
Im Baurechtsvertrag werden der Inhalt und Umfang des Baurechts (Lage, Gestalt, Ausdehnung und Zweck der Bauten) sowie die Benutzung der nicht überbauten Flächen zwischen Baurechtsgeber und Baurechtsnehmer verbindlich geregelt. Dasselbe gilt auch für den Baurechtszins und weitere vertragliche Bestimmungen, sofern diese öffentlich beurkundet und im Grundbuch vorgemerkt sind.
Die Eigentumsübertragung am Baurechtsgrundstück darf nicht von der Zustimmung des Bodeneigentümers abhängig gemacht werden. Eine gewisse Einschränkung kann jedoch vereinbart werden, beispielsweise wegen mangelnder Kreditwürdigkeit des künftigen Erwerbers des Baurechts.
Regelmässig wird für die Einräumung des Baurechts ein Zins vereinbart. Diese Schuld ist persönlicher Natur seitens des Baurechtsberechtigten. Ist der Baurechtszins im Grundbuch vorgemerkt, geht die Schuldpflicht automatisch auf einen allfälligen Erwerber des Baurechtsgrundstücks über. Für die Bemessung des Baurechtszinses gibt es verschiedene Modelle (siehe Kasten rechts).
Baurechtszinse gelten beim Bund und in vielen Kantonen als Anlagekosten und dürfen vom Eigenmietwert abgezogen werden. Ein Abzug als Schuldzins vom Einkommen geht allerdings nicht.
Nach Ablauf der Baurechtsdauer werden die vom Baurechtsberechtigten erstellten Gebäude wieder zu Bestandteilen der Bodenparzelle ("Heimfall") und der Grundeigentümer wird von Gesetzes wegen Eigentümer dieser Bauten. Das Baurecht geht ohne weiteres unter.
Als Ausgleich für den Verlust des Eigentums sieht das Gesetz vor, dass der Baurechtsgeber dem Baurechtsnehmer eine angemessene Entschädigung zu bezahlen hat (Art. 779d ZGB).
Den Parteien steht es weitgehend frei, wie sie die Heimfallsentschädigung ausgestalten wollen. Da zwischen dem Zeitpunkt der vertraglichen Regelung und dem Eintritt des Heimfalls in der Regel mehrere Jahrzehnte vergehen, ist die Findung einer sachgerechten Lösung anspruchsvoll. In der Praxis führt die Vereinbarung der Heimfallentschädigung oft zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien.
Es ist möglich, eine Verlängerung des Baurechts zu vereinbaren. Diese muss allerdings vor Ablauf der Baurechtsdauer beim Grundbuchamt angemeldet werden. Wer nach der Begründung des Baurechts ein Recht am Grundstück erworben hat, kann gegen die Verlängerung keinen Einspruch erheben. Das Baurecht behält bei einer Verlängerung den ursprünglichen Rang gegenüber den später errichteten Rechten.
Der Inhaber eines selbstständigen und dauernden Baurechts hat ein gesetzliches Vorkaufsrecht, sofern der Grundeigentümer sein Grundstück, also den Boden, verkauft. Umgekehrt hat auch der Baurechtsgeber ein Vorkaufsrecht an der Baute, falls ein Verkauf zur Debatte steht (Art. 682 Abs. 2 ZGB). Diese Vorkaufsrechte kann man abändern oder auch ganz aufheben, was im Grundbuch durch eine Vormerkung zum Ausdruck gebracht werden kann.
Die Frist für die Ausübung des Vorkaufsrechts beträgt drei Monate seit Kenntnis des Vertragsabschlusses. Bei einer Ausübung muss der Vorkaufsberechtigte die gleichen Bedingungen erfüllen wie der Erwerber, somit auch hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises (unlimitiertes Vorkaufsrecht). Der Kaufpreis könnte allerdings im Voraus bestimmbar festgelegt werden (sogenanntes limitiertes Vorkaufsrecht).
Für kleinere Bauten (z. B. Garagen, Schuppen), die nur einen Teil des Grundstücks belasten und in der Regel dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks dienen, wird üblicherweise für das Baurecht eine Grunddienstbarkeit begründet.
An einzelnen Stockwerken eines Gebäudes kann kein Baurecht bestehen (Art. 675 Abs. 2 ZGB). Heikel ist die Begründung eines Baurechts an Gebäudeteilen. Hier hat das Bundesgericht festgelegt, dass ein Baurecht nur möglich ist, wenn der Gebäudeteil baulich und funktionell unabhängig ist sowie untrennbar ein einheitliches Bauwerk darstellt (BGE 111 II 134).
ROLAND PFÄFFLI Prof. Dr. iur., Notar, Thun Konsulent bei Von Graffenried Recht, Bern
MASCHA SANTSCHI KALLAY MLaw, Rechtsanwältin und Doktorandin, Meggen LU