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Kündigungsschutz bei vorgemerkten Mietverträgen

11.02.2021

Mietrecht – Ein Mietvertrag geht beim Verkauf des Mietobjekts von Gesetzes wegen auf den neuen Eigentümer über. Gemeinhin sagt man daher auch: «Kauf bricht Miete nicht.» Der neue Eigentümer kann den Mietvertrag jedoch wegen dringenden Eigenbedarfs kündigen. Es sei denn, der Mietvertrag ist im Grundbuch vorgemerkt.

Für den Abschluss eines Mietvertrags schreibt das Gesetz keine besondere Form vor. Somit kann auch ein mündlicher Mietvertrag rechtsgültig abgeschlossen werden. In der Praxis wird der Mietvertrag aus Gründen der Rechtssicherheit regelmässig schriftlich abgefasst, insbesondere im Hinblick auf allfällige spätere Meinungsverschiedenheiten zwischen Mieter und Vermieter.

Dringender Eigenbedarf

Ändert das Eigentum am Grundstück und damit am Mietobjekt, geht der Mietvertrag von Gesetzes wegen mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Eigentümer über («Kauf bricht Miete nicht»). Dadurch entsteht ein Rechtsverhältnis zwischen dem bisherigen Mieter und dem neuen Grundstückseigentümer als neuem Vermieter. Relevanter Zeitpunkt ist der Eigentumsübergang im Grundbuch.

Der neue Eigentümer darf das Mietverhältnis allerdings unter Einhaltung der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin hin kündigen, wenn er einen dringenden Eigenbedarf für sich, nahe Verwandte oder Verschwägerte geltend macht. Mit anderen Worten: Bei der Miete von Wohnräumen kann der neue Vermieter dem Mieter mit einer Frist von drei Monaten auf einen ortsüblichen Termin oder – wenn es keinen Ortsgebrauch gibt (wie beispielsweise im Kanton Luzern) – auf Ende einer dreimonatigen Mietdauer kündigen.

Die Kündigung bei dringendem Eigenbedarf ist also selbst dann zulässig, wenn der Vertrag längere Kündigungsfristen (als drei Monate) kennt oder die Miete für eine bestimmte (längere) Zeit eingegangen worden ist. Dieser ausserordentliche Kündigungsgrund des dringenden Eigenbedarfs ist allerdings nur gegeben, wenn dem neuen Eigentümer objektiv nicht zugemutet werden kann, länger auf die vermieteten Räumlichkeiten zu verzichten.

Schutz des Mieters

Kündigt der neue Eigentümer früher als es der bestehende Mietvertrag gestattet hätte, haftet der bisherige Vermieter (und frühere Eigentümer) gegenüber dem Mieter für allen daraus entstehenden Schaden. Der Verkäufer und der Käufer des Grundstücks können aber vertraglich vereinbaren, dass der Käufer als neuer Eigentümer allfällige Schadenersatzansprüche des Mieters übernehmen muss.

Erhält der Mieter vom Vermieter die Kündigung, kann er die Erstreckung des Mietverhältnisses verlangen. Dies gilt auch bei einer Kündigung wegen dringenden Eigenbedarfs. Die Erstreckung setzt aber voraus, dass die Beendigung der Miete für den Mieter oder seine Familie eine Härte zur Folge hätte. In bestimmten Fällen ist die Erstreckung allerdings gesetzlich ausgeschlossen, beispielsweise bei Zahlungsrückstand des Mieters. Die Schlichtungsbehörde kann das Mietverhältnis bei Wohnräumen insgesamt um höchstens vier Jahre verlängern, wobei der Mieter innerhalb dieser Höchstdauer zweimal um eine Erstreckung ersuchen darf.

Vormerkung des Mietvertrags

Die Parteien des Mietvertrags können vereinbaren, dass das Mietverhältnis im Grundbuch vorgemerkt wird. Die Vormerkung bewirkt, dass jeder neue Grundeigentümer dem Mieter gestatten muss, das Mietobjekt entsprechend dem Mietvertrag zu gebrauchen. Im Unterschied zum nicht im Grundbuch vorgemerkten Mietvertrag kann der neue Eigentümer hier den dringenden Eigenbedarf nicht geltend machen. 

Das Gesetz sieht keine Beschränkung der Mietdauer bzw. der Vormerkungsdauer vor. Nur ein befristeter Mietvertrag kann jedoch im Grundbuch vorgemerkt werden, und zwar höchstens bis zum vereinbarten Endtermin (feste Mietdauer). Zulässig ist auch, einen Mietvertrag auf die Lebensdauer eines Mieters abzuschliessen und so im Grundbuch vormerken zu lassen.

In der Praxis werden vor allem längerfristige Mietverträge im Grundbuch vorgemerkt, etwa für Bürooder Geschäftsräume und Einfamilienhäuser.

Verstärkte Wirkung

Der Mietvertrag hat ein Rechtsverhältnis zwischen Mieter und Vermieter zum Gegenstand. Es handelt sich um ein persönliches Recht der Vertragsparteien. Persönliche Rechte erhalten nun aber durch die Vormerkung im Grundbuch Wirkung gegenüber jedem später im Grundbuch eingetragenen Recht. Trotz der Vormerkung handelt es sich jedoch nach wie vor um ein obligationenrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien, allerdings mit verstärkter Wirkung. Durch die Vormerkung hat jeder zukünftige Eigentümer des Grundstücks Kenntnis vom Mietvertrag und muss sich diesen entgegenhalten lassen. Solche Rechte bezeichnet man als Realobligation.

Grundbuchanmeldung

Zur Anmeldung der Vormerkung des Mietverhältnisses ist der im Grundbuch eingetragene Eigentümer legitimiert, da es sich um eine Verfügung über das Grundstück handelt. Er kann damit auch einen Verwalter mittels einer Vollmacht beauftragen. Will hingegen der Mieter die Grundbuchanmeldung vornehmen, muss er eine schriftliche Vollmacht des Eigentümers besitzen. Oft ist diese bereits im Mietvertrag enthalten. In allen Fällen ist dem Grundbuchamt der schriftliche Mietvertrag als Beleg einzureichen. 

Die Vormerkung wird von Amtes wegen gelöscht, wenn die im Grundbuch eingetragene Dauer abgelaufen ist. Das Recht hat in diesem Fall keine rechtliche Bedeutung mehr.

ROLAND PFÄFFLI Prof. Dr. iur., Notar, Thun Konsulent bei Von Graffenried Recht, Bern

MASCHA SANTSCHI KALLAY Dr. iur., Rechtsanwältin, Meggen Konsulentin bei epartners Rechtsanwälte AG, Zürich