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Eigenmietwert-Abschaffung nimmt weitere Hürde

11.06.2021 HEV Schweiz

Es tut sich etwas. Die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) hat an ihrer Sitzung vom 27. Mai 2021 endlich eine Gesetzesrevision für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung zuhanden des Parlaments verabschiedet. Allerdings fordert eine Mehrheit der Kommission die Streichung des privaten Schuldzinsabzugs.

Am 2. Februar 2017 reichte die ständerätliche Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-S) ihre parlamentarische Initiative «Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung» ein. Am 27. Mai 2021 – fast 4,5 Jahre nach der Lancierung des Vorstosses und nach diversen parlamentarischen Debatten in den beiden Kommissionen, Abklärungen und einer umfassenden öffentlichen Vernehmlassung zu einem «Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung » – hat die WAK-S nun endlich einen konkreten Vorschlag für eine Gesetzesrevision verabschiedet. Der Gesetzesentwurf der Kommission geht nun zuerst zur Stellungnahme an den Bundesrat. Gemäss Mitteilung der Kommission soll er in der Herbstsession im Ständerat beraten werden.

Steter Druck des HEV Schweiz zeigt Wirkung

Ausgelöst wurde der von der WAK-S eingereichte Vorstoss durch die vom HEV Schweiz 2016 lancierte und von über 145 000 Personen unterzeichnete Petition «Eigenmietwert abschaffen».

Der nun von der Kommission vorgeschlagene Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung sieht folgende Eckpunkte vor:

Abschaffung des Eigenmietwertes für selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz auf Bundes- und Kantonsebene

Damit setzt die Vorlage die Hauptforderung der Petition des HEV Schweiz um. Nach über 100 Jahren soll der Eigenmietwert – ursprünglich als Krisensteuer infolge des 1. Weltkrieges eingeführt – zumindest in Bezug auf selbstgenutztes Wohneigentum am Hauptwohnsitz endlich aufgehoben und die ungerechte Belastung der Eigentümer abgeschafft werden.

Streichung der Abzüge auf Bundesebene; kantonale Kompetenz für weitere Abzüge

Gleichzeitig sollen alle weiteren Abzüge im Zusammenhang mit dem selbstgenutzten Wohneigentum am Hauptwohnsitz auf Bundesebene gestrichen werden. Dies betrifft den Abzug der sogenannten Gewinnungskosten wie Unterhaltskosten, Kosten für die Instandstellung neu erworbener Liegenschaften, Versicherungsprämien und Kosten der Verwaltung durch Dritte sowie die Abzüge für Investitionen in Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen und die Kosten für den Rückbau. Die Kommission will jedoch den Kantonen die Kompetenz geben, diese Abzüge im kantonalen Steuerrecht weiterhin zuzulassen. Der HEV Schweiz befürwortet eine kantonale Kompetenz im Zusammenhang mit solchen Abzügen.

Abzüge für Denkmalpflege auf Kantons- und Bundesebene

Beibehalten will die Kommission den Abzug der Kosten für denkmalpflegerische Arbeiten sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene. Der HEV Schweiz unterstützt den Vorschlag, diese Kosten weiterhin zum Abzug zuzulassen. Diesbezügliche Aufwendungen liegen im öffentlichen Interesse. 

Befristeter Ersterwerberabzug

Gemäss Medienmitteilung der Kommission ist für Ersterwerber von selbstgenutztem Wohneigentum neu ein befristeter Schuldzinsabzug vorgesehen. Die Details sind noch nicht abschliessend bekannt und werden zu einem späteren Zeitpunkt kommuniziert. Es ist davon auszugehen, dass – analog zur Vernehmlassungsvorlage – Ehepaare max. 10000 Franken, Alleinstehende max. 5000 Franken im ersten Steuerjahr nach Erwerb ihres ersten Wohneigentums abziehen können. Dieser Betrag wird voraussichtlich über 10 Jahre hinweg linear abnehmen.

Für den HEV ist ein Schuldzinsabzug für Ersterwerber elementar, da es hier auch um die Erfüllung des Verfassungsauftrags der Wohneigentumsförderung geht. Der Erwerb von Wohneigentum in der Schweiz ist teuer. Ohne Verschuldung können sich die meisten Leute den Erwerb von Wohneigentum nicht leisten. Für sie ist es daher zentral, dass sie die Schuldzinsen steuerlich in Abzug bringen können. Besonders für Junge darf der Traum von den eigenen vier Wänden kein Traum bleiben.

Erträge von anderen Liegenschaften weiterhin zu versteuern

Zweitwohnungen sind gemäss dem Vorschlag von der Änderung nicht betroffen und unterstehen weiterhin sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene der Eigenmietwertbesteuerung. Auch bei Renditeliegenschaften im Privatvermögen müssen weiterhin die Miet- und Pachtzinserträge versteuert werden. 

Für diese Immobilien sollen die vorerwähnten Abzüge für Gewinnungskosten (Unterhaltskosten, Kosten für die Instandstellung neu erworbener Liegenschaften, Versicherungsprämien, Kosten der Verwaltung durch Dritten) sowie für Investitionen in Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen, Denkmalpflegearbeiten und für den Rückbau weiterhin bestehen bleiben.

Streichung des privaten Schuldzinsabzuges

Die Vorlage der WAK-S sieht vor, dass zukünftig – mit Ausnahme des Ersterwerberabzugs – keinerlei private Schuldzinsen mehr zum Abzug zugelassen werden sollen. Diese generelle Streichung der privaten Schuldzinsabzüge ist aus Sicht des HEV Schweiz absolut inakzeptabel und rechtswidrig. Eine solche Regelung stünde im Widerspruch zum Gebot der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Zudem hätte ein gänzliches Verbot des privaten Schuldzinsabzugs insbesondere für Eigentümer von Zweitliegenschaften und Renditeliegenschaften im Privatvermögen eine unverantwortliche Mehrbelastung zur Folge. Diese Eigentümer erfahren durch den vorgeschlagenen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung keine Entlastung. Sie müssten nach wie vor die Erträge ihrer Immobilien (Eigenmietwert bzw. Mieterträge) versteuern. Es ist daher systemkonform, dass sie im Gegenzug auch die Aufwendungen, inkl. Schuldzinsen, steuerlich in Abzug bringen können. 

Unverantwortliche Vernachlässigung der Schuldenlast 

Die generelle Streichung aller Schuldzinsabzüge geht zu weit. Dies würde zu einer massiven Schlechterstellung einer grossen Zahl von Steuerpflichtigen führen. Wohneigentümer würden je nach Zinsumfeld noch stärker als heute belastet. Dies trotz des verfassungsrechtlichen Gebots zur Förderung des privaten Wohneigentums. Das ist inakzeptabel. Der Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung zur Abschaffung des Eigenmietwerts darf nicht als Vorwand benutzt werden, um jene Wohneigentümer zu belasten, welche sich die Rückzahlung ihrer Schulden bei steigenden Hypothekarzinsen nicht leisten können. Die finanziellen Auswirkungen des Systemwechsels sind bei einem mittleren Zinsumfeld zu betrachten. Das aktuelle historisch gesehen absolute Tiefzinsumfeld darf nicht als Massstab für die Berechnung der Folgen der Auswirkungen der Steuereinnahmen genommen werden. 

Der Staat profitiert zurzeit enorm von den stark gesunkenen Zinsen. Statt Wohneigentum zu fördern – so wie dies die Verfassung verlangt –, werden die Wohneigentümer mit der Besteuerung einer «Eigenmiete» für ihre Wohnung oder ihr Haus belastet. Eine Erhebung der UBS zeigt, dass die Abzüge für Hypothekarzinsen im Zeitraum von 2008 bis 2017 von über 17 Mrd. Franken auf rund 11 Mrd. Franken gesunken sind. Ab 2010 verdiente der Fiskus massiv, die Abzüge waren weitaus geringer als die zu versteuernden Eigenmietwerte. In Anbetracht der seitdem weiterhin gesunkenen Zinsentwicklung dürften sich die bei den Wohneigentümern einkassierten Steuer- Mehreinnahmen im Zeitraum von 2012 bis 2020 etwa gegen 11 Mrd. Franken belaufen, Tendenz steigend. Das aktuell herrschende Tiefzinsumfeld war für den Gesetzgeber bei der Einführung des geltenden Systems der Wohneigentumsbesteuerung nicht absehbar, im Gegenteil: Die Besteuerung der Eigenmietwerte stammt aus einer Zeit, in welcher der Durchschnittszins und damit die Abzüge beim steuerbaren Einkommen weitaus höher lagen. 1992 lag das durchschnittliche Zinsniveau beispielsweise bei 7,2 %. Gesetzgeberisches Ziel der Eigenmietwertbesteuerung war ursprünglich auch die Wohneigentumsförderung. Es war nie ersichtlich, dass Wohneigentümer aufgrund der geänderten Umstände im Finanzierungsbereich steuerlich derart stark zur Kasse gebeten würden. Aufgrund der tiefen Zinsen und damit der niedrigeren Abzüge hat eine Vielzahl der Wohneigentümer heute eine positive Liegenschaftsrechnung, d. h. der Eigenmietwert ist erheblich höher als die in Abzug gebrachten Kosten.

Ziel muss es daher sein, eine gerechte Lösung für ein normales, also langfristig gesehen mittleres, Zinsumfeld zu finden. Eine Minderheit der Kommission beantragt daher zurecht, die privaten Schuldzinsen weiterhin – wenn auch eingeschränkt – zum Abzug zuzulassen. Sie will dies im Umfang von höchstens 70 % der steuerbaren Vermögenserträge ermöglichen. 

Nun sind Bundesrat und Parlament am Zug 

Der Gesetzesentwurf der Kommission geht nun an den Bundesrat zur Stellungnahme. Danach wird er voraussichtlich in der Herbstsession vom Ständerat behandelt. Der HEV Schweiz wird die Vorlage genau prüfen und sich insbesondere dafür einsetzen, dass die verfassungswidrige Streichung des Schuldzinsabzugs korrigiert wird. Mit der Wohneigentumsförderung muss es nun vorwärtsgehen. Auch in der Schweiz müssen sich endlich mehr Leute Wohneigentum leisten und dieses auch noch im Alter ohne Steuerstrafe nutzen können!

Der HEV Schweiz wird über die weitere Entwicklung berichten.