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Harte Schale mit Charme

14.07.2011 Fabrice Müller, dipl. Journalist SAL

Stahl drinnen und draussen – Immer mehr Eigenheimbesitzer entdecken Stahl als vielseitigen Werkstoff für die Garten- wie auch die Innengestaltung. Sie setzen damit besondere Akzente und sorgen für spannungsvolle Kontraste.

Wenn Beat Bolliger in seiner kleinen Werkstatt in Küttigen (AG) zum Schweissbrenner greift und so richtig loslegt, sprühen die Funken und Neues entsteht. Feuer trifft auf Stahl, es riecht nach heissem Eisen und Öl. Beat Bolliger hat zwei Gesichter: Er ist Landschaftsarchitekt und Stahlbauer. Garten und Stahl – so lautet denn auch das Motto seines Ein-Mann-Unternehmens, das unter dem Namen «FreiRaum» Landschaftsarchitektur und Stahlbau verbindet. Hartes und Weiches, Natur und Technik werden in seiner Arbeit vereint.

Was fasziniert Beat Bolliger am Nebeneinander von Garten und Stahl? «Es sind die schlichten und klaren Formen, dieser Kontrast, der entsteht, wenn zum Beispiel roher, rostiger Stahl mit den weichen Formen der Natur kombiniert wird.» Sein persönlicher Stil im Garten- und Stahlbau lasse sich am einfachsten mit schlicht und eckig umschreiben. Er liebe Oberflächen und Konstruktionen ohne Schnörkel, dafür mit zeitlosem Design.

Reizvolle Kontraste

Immer mehr Menschen kommen auf den Geschmack und lassen in ihre Gartengestaltung das Element Stahl einfliessen. Stahl passe am besten zu modernen, schlichten Bauten. Aber nicht nur: Rostiger Stahl neben alten Häusern und Bruchsteinmauern sorgt für reizvolle Kontraste. Wege und Beete können zum Beispiel mit Einfassungen aus rostigem Stahl abgegrenzt werden. Stahltreppen führen an schweren Steinquadern vorbei. Oder eine luftige Pergola thront über der Terrasse aus Holzpaneelen oder Kieselsteinen. Ein besonderes Gestaltungselement im Garten ist das Wasser. Gartenteiche, Brunnen und Wasserspiele bringen Leben in den Aussenraum und spiegeln den Himmel. Auch hier kann Stahl als Teil einer Wasseranlage oder zur Einfassung von Teichen verwendet werden. «Rostiger Stahl inmitten von Wasser oder Pflanzen wirkt dezent und ordnet sich gut in die Natur ein», so Beat Bolliger.

Als Mauerersatz eignet sich Stahl ebenfalls bestens, etwa anstelle einer Beton- oder Steinmauer. Die Ausführung von Stahl in der rostigen Variante sei in letzter Zeit zunehmend gefragt. Dabei ist der Rost oft nur Schau, denn beim sogenannten Cortenstahl erhält lediglich die Oberfläche eine rostfarbene Patina, währenddem der restliche Stahl rostfrei bleibt. Sechs- bis sieben Millimeter dicker Normalstahl kann 20 bis 25 Jahre, in verzinkter Ausführung fast schon lebenslänglich halten. Ein sechs auf dreieinhalb Meter grosses Pergoladach plante und konstruierte Beat Bolliger im Mai letzten Jahres für ein Privathaus. Aufgrund des Gewichts und der grosszügigen Dimensionen dieser Konstruktion kamen schwere Stahlträger zum Einsatz. Über eine halbe Tonne Glas wurde anschliessend auf die Stahlkonstruktion montiert.

Ökologische und ökonomische Vorzüge

Im Wohnungsbau ist Stahl ebenfalls kein absoluter Neuling. Der Blick zurück in die Architekturgeschichte zeigt beeindruckende Beispiele der Gusseisenarchitektur bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Mit der Erfindung des verzinkten Wellblechs im Jahre 1829 erhielt die weitere Entwicklung einen entscheidenden Anstoss. Die Anfänge der Systembauweise mit Stahl liegen in den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Trotz dieser positiven Anfänge ist der Anteil von Stahlkonstruktionen am gesamten Wohnungsbau bescheiden geblieben – und das trotz handfester ökologischer und ökonomischer Argumente. So ist Stahl ein vertrauter und natürlicher Werkstoff, hergestellt aus Eisenerz. Stahl ist am Ende seiner Nutzungsdauer zu hundert Prozent wiederverwertbar. Etwa zweitausend der marktgängigen Stahlsorten sind jünger als sechs Jahre. Vor wenigen Jahren hat Stahl als Element für den Wohnungsbau einen neuen Anlauf genommen. Der immer noch aktuelle Trend zu Loftwohnungen mit ihrem industriellen Charakter hat sicher einen wichtigen Teil dazu beigetragen.

Patina erwünscht

Wer im Innenausbau mit der Materialisierung besondere Akzente setzen möchte, verfügt mit Stahl über einen Baustoff, der aufgrund seiner Beschaffenheit einerseits sehr vielseitig einsetzbar ist, andererseits je nach Verarbeitung mit ganz unterschiedlichen Optiken überrascht. Edel wirkt zum Beispiel schwarzer, warm gewalzter Stahl, der in der Produktion glühend mit Eisenklötzen flach gewalzt und einer Schutzschicht aus Oxyl behandelt wird. «Dieser Stahl weist eine dunkle, fast schwarze Schicht auf, die sehr widerstandsfähig ist, je nach Abnutzung jedoch eine schöne, zum Teil glänzende Patina erhält. Diese Verfärbungen verleihen dem Material einen ganz besonderen Charme», sagt Samuel Fausch, Geschäftsführer der Metall Werk Zürich AG. Diese Stahlbleche können zum Beispiel als Wand- oder Bodenbeläge im Innenraum montiert werden. Rostiger Stahl ist im Gartenbau immer häufiger anzutreffen, eignet sich grundsätzlich aber genauso für den Innenbereich. Die rostbraune Patina auf dem unbehandelten, rohen Cortenstahl sorgt für überraschende Strukturen und eine bewegte Oberfläche, die sich mit den Jahren verändert.

Treppe, Küche und Bar aus Stahl

Stahl ist weiter für Konstruktionen im Innenbereich einsetzbar, zum Beispiel für Treppen, Geländer und Möbel. So hat die Metall Werk Zürich AG beispielsweise eine Treppe aus Winkel- und T-Stahl konstruiert; für die Stufen wurde massives Buchenholz mit geölter Oberfläche verarbeitet. Für ein anderes Projekt wurde aus schwarzen Stahlprofilen eine Theke erstellt, die gleichzeitig Platz für Brennholzscheite bietet. Auch in der Küche macht Stahl eine gute Figur. Der Landschaftsarchitekt und Stahlbauer Beat Bolliger baute eine Küche und Bar aus Stahl. Der korallrote Küchentrakt stellt die Rückwand der 5,5 Meter langen Bar dar. Der Baukörper besteht aus einer Kantholzkonstruktion aus Kiefernholz, einer Beplankung aus blaugewalzten Stahlblechen und einer Kieferdreischichtplatte als Abdeckung. Neonröhrenbänder mit Chromstahlblenden an der Rückwand und unter der Theke sowie aus alten Blechkübeln umfunktionierte Hängelampen geben der Bar das nötige Licht.